Marc Grathwohl, Medizinstudent an der Universität UlmRCDS Ulm fordert klare Strukturvorgaben anstatt Aktionismus

Ulm, 14. April 2010 – Die von Herrn Bundesminister Rösler gemachten Vorschläge erachten die Studenten des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) Ulm für nicht zielführend. Die Festlegung vor dem Medizinstudium auf den „Landarzt“ nimmt den Medizinstudenten viele Entwicklungsmöglichkeiten. Weiter ist eine grundsätzliche Abschaffung des NC abzulehnen, weil schon jetzt auf jeden Medizinstudienplatz 4,4 Bewerber kommen und so das grundsätzliche Problem des Ärztemangels nicht gelöst wird.

Landarztquote nicht zielführend!

Grundsätzlich begrüßt der RCDS Ulm als größter und ältester, dass der Bundesgesundheitsminister sich Gedanken um die Zukunft der Gesundheitsversorgung auf dem Land macht. Eine Landarztquote bei den Medizinstudenten einzuführen wäre aber im Studienverlauf eine Stufe zu früh. Jeder Medizinstudent entwickelt erst im laufenden Studium seine persönlichen Neigungen und dem sollte auch ein Spielraum gelassen werden. Derzeit sind von ca. 125000 niedergelassenen Ärzten 50000 zwischen 50 und 60 Jahren. Marc Grathwohl vom RCDS Ulm: „Wenn man dazu noch bedenkt, dass ein Medizinstudium 6,5 Jahre und die Weiterbildung zum Facharzt nochmal 5 Jahre dauert wird klar, dass jetzt gehandelt werden muss! Mit einer Landarztquote würde erst in 12 Jahren einen Effekt erzielt werden. Wir benötigen aber schnellere Maßnahmen die in den kommenden Jahren den ländlichen Bereich stärken.“

Um den ländlichen Bereich wieder interessanter zu machen müssen schon bestehende lokale Vergünstigungen (z.B. wie in den östlichen Bundesländer) und formale Vereinfachungen für den niedergelassenen Bereich ausgebaut werden. Schließlich sollte schon während des Studiums der allgemeinmedizinische Sektor besser und intensiver durch längere Praktika und mehr Nähe zu den Praxen dargestellt werden.

Keine Erhöhung der Medizinstudienplätze ohne Investitionen!

Herr Rösler fordert in seiner Presseerklärung weiter, die Anzahl der Studienplätze zu erhöhen. Aktuell sind die lokalen Gegebenheiten der Universitäten schon ausgereizt. Eine kurzfristige Erhöhung der Studienplätze ohne zusätzliche Gebäude, zusätzliche Infrastruktur und zusätzliche Dozenten würde die Ausbildungsqualität immens verschlechtern.

Pro Jahr beenden ca. 8500 Medizinstudenten ihr Studium. Pro Jahr wandern derzeit aber auch über 3000 Ärzte ins Ausland aus. Diese Abwanderung muss gestoppt werden, indem die Arbeitsbedingungen in Deutschland verbessert werden. Verbesserungen müssen nicht nur in der adäquaten Bezahlung für 6,5 Jahre Studium und zusätzliche 5 Jahre Weiterbildung sichtbar sein. Hierzu Marc Grathwohl vom RCDS Ulm: „Die derzeitigen Arbeitsbedingungen mit hohem Anteil arztfremder Tätigkeiten und übermäßiger Arbeitsverdichtung müssen sich ändern. Verstärkte Delegation von nicht-ärztlichen Leistungen wäre hierzu ein Lösungsansatz.“

Dann wird auch der Standort Deutschland für junge Ärzte attraktiver und wir können den steigenden Ärztebedarf bewältigen.

Keine Abschaffung des NC! Nur Auswahlgespräche nicht durchführbar.

„Derzeit lassen wir die Besten eines Abiturjahrganges über den Numerus clausus zu und verlieren sie sukzessive, wenn sie die Berufswirklichkeit kennenlernen.“ stellt Marc Grathwohl vom RCDS Ulm dazu fest.

Die Note ist auch im Jahre 2010 ein gutes Auswahlkriterium bei über 35.000 Bewerbern auf 8500 Medizinstudienplätze. Eine Studie an der MHH (Medizinische Hochschule Hannover) zeigte, dass durch die Auswahlgespräche nicht die erhofften „besonderen Talente“ auftauchten.

Die Forderung nach mehr Auswahlgesprächen gestaltet sich schwierig da vergleichbare Gespräche im großen Stile von den Universitäten aktuell nicht durchgeführt werden können. Des Weiteren ist ein Auswahlgespräch oft auch eine Momentaufnahme und nicht das Abbild eines Lebensabschnittes, so dass hier auch falsche Eindrücke entstehen werden.

Die Universitäten haben bei der Zulassung jetzt schon Spielräume. In Baden-Württemberg werden zum Medizinstudium nur 20% über die Abiturnote zugelassen, 20% jedoch über Wartezeit und die restlichen 60% über ein Auswahlverfahren der Hochschule. Hier kann die Universität in Abstimmung mit dem Land bereits eigene Kriterien, z.B. den Medizinertest oder auch Auswahlgespräche nutzen. Möglichkeiten gibt es also schon nicht nur mit einem „1,1 – Abi“ Medizin zu studieren. Im Bundesvergleich gibt es aber sehr wohl noch Universitäten, in denen bis zu 90% der Medizinstudenten über den NC zugelassen werden. Dies muss sich durch politischen Einfluss ändern.

Die Versäumnisse im Gesundheitssystem der letzten Jahre kommen so langsam zum Vorschein. In Zukunft sollte die Politik nicht durch Aktionismus glänzen, sondern durch klare Strukturvorgaben mit dem Ziel die Medizinstudenten in Deutschland zu halten und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.